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von Grapher » Freitag 1. Januar 2016, 14:58
Einige Überlegungen aus dem sicherheitsempfindlichen Bereich der Luftfahrt zu Lithium-Ionen-Zellen:
Das Prinzip dieser Akkus war lange bekannt, aber erst seit ca. 20 Jahren gibt es Produktionstechniken, die eine bezahlbare Zelle ermöglichen. Die Fertigung findet genau wie Halbleiterfertigung in Reinräumen statt und bedingt eine komplexe Fertigungstechnik, die Ansprüche an die Genauigkeit und Reinheit der Materialien sowie deren Beschaffenheit sind um ein Vielfaches größer als bei anderen Akkutypen. Einfach die Rohstoffe in Gehäuse abfüllen wie bei Dosensuppen ist nicht möglich.
Wenn dann ein Lithium-Ionen-Akku in der Preisklasse eines NiMH- oder NiCd-Akkus liegt, dann gibt es 2 Möglichkeiten:
1) Die NiCd- oder NiMH-Akkus sind viel zu teuer
2) Bei der Herstellung der Lithium-Ionen-Zellen wurde irgendwo "etwas" eingespart
Qualitäts-Akkus (wie die Originale der Kamerahersteller) besitzen übrigens ein wiederverschließbares Überdruckventil, wodurch bei einer eventuellen Überladung der Akku nicht gleich ganz unbrauchbar wird wie bei anderen Überdruckschutzkonstuktionen (falls überhaupt vorhanden), sondern nur Kapazität verliert (je nach Höhe und Länge der Überladung kann das wenig oder viel sein).
Außerdem:
Kapazität und Lebensdauer sowie Spannungslage stehen schon miteinander im Zusammenhang und sollten auf einen bestimmten Verwendungszweck hin optimiert sein.
Mehr Kapazität bedeutet, ich brauche mehr aktives Material. Wenn ich von einem bestimmten Volumen ausgehe, muß ich beim inaktiven Material Volumen einsparen. Wo läßt sich Material einsparen?
1) Der Separator wird dünner gemacht. Das hat den Vorteil mehr Kapazität und bessere Spannungslage, geringerer Innenwiderstand. Leider sinkt damit die Lebensdauer, weil hier 2 Effekte zusammenkommen: Die Dichte der Substrate ist im entladenen Zustand anders als im geladenen Zustand (da sie sich durch die chemische Reaktion verändert haben). Die Temperaturausdehnungskoeffizienten der Elektroden (meist Kupfer [16,5] und Alu [23,1]) sind verschieden. Das Beides führt bei Ladung/Entladung sowie Temperaturänderung der Zelle zu mechanischer Arbeit innerhalb, die Lagen verschieben sich gegeneinander. Betrachten wir jetzt die Oberfläche des Substrates durch das Elektronenmikroskop: Bei guten Zellen sehen wir eine sanft gewellte Hügellandschaft, geschaffen durch gute (teure) Rohmaterialien mit wenig Oberflächenrauhheit sowie aufwändige Nachbearbeitung der beschichteten Elektroden zur weiteren Glättung derselben, bevor die Zelle gerollt oder gestackt wird. Bei schlechten Zellen sieht die Oberfläche aus wie die Alpen, bedingt durch günstiges Rohmaterial und ungenügende oder auch gar keine Nachbehandlung nach dem Beschichten. An den Alpen wachsen (Spitzeneffekt) schneller und öfter Dendriten, diese können den Seperator durchbohren. Die Alpen werden sich auch beim Verschieben der Lagen natürlich weitaus schneller durch den Seperator "schmirgeln" als die Hügellandschaft. Erstaunlicherweise ist der mechanische Verschleiß durch Dendriten und Schmirgeln die Hauptursache für das Absterben von Zellen, die ordnungsgemäß geladen und entladen wurden (keine Tiefentladung, keine Überladung). Und ein dünnerer Seperator wird schneller durchbohrt oder durchgeschmirgelt sein als ein dickerer.
2) Man kann die Elektroden dünner machen, um mehr Substrat aufbringen zu können. Das erhöht die Kapazität, aber erhöht auch den Innenwiderstand, weil weniger Leiterquerschnitt zur Verfügung steht. Der höhere Innenwiderstand bedeutet wieder stärkere Erwärmung der Zelle bei Belastung und damit mehr mechanische Arbeit innerhalb, siehe oben.
Eine Zelle mit ungenügender Oberflächengüte der Substrate wird am Anfang ihrer Lebensdauer genauso gut ( oder fast genauso gut) dastehen wie eine "Premium"-Zelle. Allerdings wird sie sehr viel schneller altern. Für viele Fotografen spielt das kaum eine Rolle, da sie sowieso nur den Originalakku verwenden und den Billigakku nur zur Sicherheit mitnehmen, der wird dann nur 2 x im Jahr gebraucht und hält dann auch die 3 oder 4 Jahre, die man die Kamera nutzt. Wer seinen schlechten Akku aber öfter benutzt und 2 oder 3 x pro Woche lädt, merkt schnell den Kapazitätsverlust.
Fazit: Jede Zelle ist ein Kompromiss aus Kapazität, Lebensdauer, Spannungslage, Größe ..... und Preis!
GM5, E-M1, 6.5/2.0 Fisheye, 15/1.7, 20/1.7, 45/1.8, 75/1.8, 12-40/2.8, 14-140II, 100-300