Autofokus

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ahinterl
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Autofokus

Beitrag von ahinterl » Donnerstag 17. November 2011, 16:46

Ich habe diverses Material zum Thema Autofokus gegoogelt und durchgelesen. Jetzt wundere ich mich, warum einige berechtigte Fragen immer wieder völlig unbeantwortet bleiben und Autofokus scheinbar niemanden vor wirklich grundlegende Probleme/Herausforderungen stellt. Deshalb poste ich mal hier in einem Forum, wo ich doch einige Experten vermute ;) - ich möchte ja schließlich was lernen!

Ich fotografiere seit einiger Zeit mit einer G3. Aus meinen Recherchen folgere ich, dass bei der Verwendung von Mehrfeld-AF die Chance groß ist, zumindest irgendwo am Foto einen Punkt zu bekommen, der scharfgestellt ist (abhängig davon, wie gut die Kontraste in der Szene sind; mit denen bestimmt der Kontrast-AF Sensor der G3 die Schärfe). Als Beispiel könnte ich da an einen Vogelschwarm vor blauem Himmel denken - irgendwelche Vögel (oder Teile davon) werden (ausreichend kurze Belichtungszeit vorausgesetzt) vielleicht ziemlich scharf am Foto abgebildet sein.

Schwieriger wird's vermutlich, wenn sich die Vögel aus dem Beispiel vor einem kontrastreichen Hintergrund (Teile von Bäumen, die in den Himmel ragen u.Ä.) bewegen. Da stellt sich mir die Frage, wo der AF in einem solchen Fall scharfstellt: Vogel im Vordergrund, oder zufällig ein Ast im Hintergrund?

Eine Frage, die auch in diversen Foren unbeantwortet bleibt. Die Annahmen gehen von "das AF-Feld wird ausgewählt, unter dem der Kontrast in der Szene am stärksten ist = wo die Schärfe am Besten eingestellt werden kann" über "die Kamera prüft, welche AF-Felder eine gemeinsame Fokusebene scharfstellen, gruppiert diese dann und wählt aus diesen Gruppen dann diejenige Fokusebene aus, bei der die meisten AF-Felder aktiv sind" (auf dem Bildschirm sind dann u.U. mehrere, "wild" auf dem Bildschirm verteilte Fokusrahmen grün) bis hin zu Kombinationen davon, "mittengewichtete Fokussierung" und "komplexe Algorithmen, die nur den Herstellern der Kamera bekannt sind".

Dem Vorteil einer höheren allgemeinen Treffergenauigkeit des Mehrfeld-AF steht der Nachteil gegenüber, dass genau das nicht scharfgestellt wird, was eigentlich scharf gestellt sein soll. Deshalb weichen Viele auf den Einzelfeld-AF aus - damit lässt sich besser kontrollieren, was tatsächlich scharfgestellt wird. Besser deshalb, weil auch in diesem Fall nicht absolut vorhersehbar ist, wohin der AF fokussiert. Beispiel: Ast vor kontrastreichem Hintergrund. Da die Größe des Fokusbereichs nicht punktförmig ist, muss der AF-Sensor in so einem Fall beinahe wie beim Mehrfeld-AF vorgehen - bei dem für mich rätselhaft ist, wie er tatsächlich funktioniert. In der Praxis sieht das dann so aus, dass entweder auf den Ast oder den Hintergrund fokussiert wird, je nachdem, welche Position der AF-Fokusrahmen über dem Ast einnimmt: Auch wenn man annehmen sollte, dass, wenn der Ast mittig vom Fokusrahmen liegt, auch darauf scharfgestellt wird, habe ich oft genug beobachtet, dass genau dann der Hintergrund fokussiert wird, und erst, wenn der Ast etwas aus der Mitte des Fokusrahmens bewegt wird, auch tatsächlich auf ihn scharfgestellt wird. Leicht wäre es, würde das als Regel immer gelten - meinen Beobachtungen nach lässt sich das so aber nicht eindeutig festmachen, weil oft genug der Ast genau dann scharfgestellt wird, wenn er auch genau in der Mitte des Fokusrahmens liegt.

Bei meiner G3 kommt jetzt zusätzlich dazu, dass sich beim Einzelfeld-AF der Fokusrahmen in der Größe verändern lässt. Ich nehme mal an, dass damit praktisch der gleiche Effekt erzielt wird, den ich auch erreichen würde, wenn ich im Mehrfeld-AF Modus einen Teilbereich (z.b. die mittleren fünf Fokusfelder) händisch auswählen und die Anzahl der verwendeten AF Felder damit beschränken würde. Der Vorteil besteht darin, dass ich im Gegensatz zu dieser Methode mehrere Größen für das AF-Feld zur Verfügung habe, für die es kein entsprechendes Pendant im Mehrfeld-AF Modus gibt, das noch dazu am gesamten Sensor-/Bildschirmbereich platziert werden kann.

Die GF kennt ausserdem den wohl einigermaßen einzigartigen "Pinpoint-AF", bei dem ich die Erfahrung gemacht habe, dass auch hier eine kleine Unsicherheit besteht, was tatsächlich scharfgestellt wird und was nicht.

Eine 100%-ige Vorhersage, was der AF - egal, in welchem Modus - tatsächlich scharfstellt, lässt sich meines Erachtens nicht machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der AF ein Objekt scharfstellt, ist meines Erachtens umso größer, je mehr der Fläche eines Fokusfelds dieser Gegenstand einnimmt. Füllt beispielsweise ein Apfel den gesamten Bereich eines Einzel-AF Fokusfelds aus (und überragt es vielleicht noch), ist das wesentlich besser, als wenn der Apfel lediglich zur Hälfte ins Fokusfeld hineinragt und das Fokusfeld auch den Hintergrund "sieht". Deshalb muss mehr oder weniger immer kontrolliert werden, ob die Schärfe stimmt, wenn nicht ein mehr oder weniger zufälliges Ergebnis wissentlich in Kauf genommen wird. Diese Schärfeüberprüfung ist bei meiner G3 in einigen Fällen (z.B. ist der Anvisierte Bildteil weiter entfernt) zwar u.U. umständlich, aber doch möglich, indem der AF+MF Modus verwendet wird, bei dem beim Drehen am Fokusring des Objektivs der mit dem AF anfokussierte Bereich in mehreren Vergrößerungsstufen am Bildschirm dargestellt werden kann.

Bin ich der Einzige, den AF zeitweilig in Erstaunen versetzt? Sind meine Annahmen einigermaßen korrekt? Kann mir jemand vielleicht die Frage beantworten, nach welchem Muster AF-Systeme versuchen, scharfzustellen (ich weiß, der Kontrast, aber welche Fläche, und wie sicht das mit Multipoint-AF aus?)? Und wer fotografiert schon ständig in MF? Sind meine Fragen überhaupt berechtigt (kicher)???
Andreas

Gonzo

Re: Autofokus

Beitrag von Gonzo » Donnerstag 17. November 2011, 21:38

Hallo Andreas,

das sind jetzt aber schon seeehr viele Fragen :-)

Das schöne an Deinen Fragen ist aber, dass Du nicht nur gefragt hast, sondern auch gleich dazu noch nachgedacht hast. Schon mal ein suuper Anfang!

Und weil Du Dir da richtig viel Mühe gegeben hast (und Dir das Thema scheinbar auch recht wichtig ist) versuche ich mal so gut ich kann zu antworten, und nicht einfach nur mit "ja" (obwohl das eigentlich schon fast ausreichen würde...) :mrgreen:

Erstmal, ja Du hast recht. Es ist ziemlich unklar auf was der AF denn nun (gerade im Mehrfeld-Modus) scharf stellt. Das ist nicht schön, aber die Abhilfe ist recht einfach.... Man benutzt ihn nur selten ;-)

Ok selten, aber nicht nie.... Aber wann benutzt man ihn denn nun? Keine Ahnung wann "man" ihn benutzt. Ich hab die gleiche Erfahrung gemacht wie Du, wenn man z.B. viele Birdies vor schönem blauem Himmel hat, dann kann er ganz gut funktionieren....
Es kommt halt auf die Situation an.

Und Du weiß ja schon, wie diese Situationen beschaffen sein müssen, Du hast es ja selbst erklärt, und Du hast recht mit Deiner Erklärung, und dafür gibt's das erste "ja" ;-)

Deine Nächste Frage war, welches AF-Feld? Und Deine Vermutung komplexer Algorithmen, die nur dem Hersteller bekannt sind.
Keine Ahnung ob die komplex sind, aber zumindest dürften sie nur dem Hersteller bekannt sein, mir jedenfalls nicht. Daher auch hier ein "ja"

Dein nächster Absatz legt die Vorzüge des Einzelfeld AF's dar. Und verpackt sie als Frage, wie der Hersteller in diesem Einzel AF-Feld die Schärfe auswählt. Und kannst es nicht so richtig festmachen. Entspricht auch meiner Erfahrung. Man weiß es nicht ;-) Und da gibt es soz. das nächste "ja"
Schlussfolgerung daraus, wenn es im EinzelFeld AF zu unklar wird was Scharf gestellt wird, dann nimmt man den PinPoint AF.

Und ja, auch der PinPoint hat natürlich, wie jede "dumme" Automatik den Nachteil, dass sie u.U. anders arbeitet als erwartet.
ahinterl hat geschrieben:Eine 100%-ige Vorhersage, was der AF - egal, in welchem Modus - tatsächlich scharfstellt, lässt sich meines Erachtens nicht machen.
Ein weiteres "ja"
ahinterl hat geschrieben:Bin ich der Einzige, den AF zeitweilig in Erstaunen versetzt?
hier mal ein klares "Nein", ziemlich sicher nicht.
ahinterl hat geschrieben:Kann mir jemand vielleicht die Frage beantworten, nach welchem Muster AF-Systeme versuchen, scharfzustellen
Ich fürchte nur der Entwickler der den Algorithmus implementiert hat, alles was danach kommt verkauft Dir nur noch Werbeblasen :-)

Aber im Prinzip weißt Du doch schon alles was Du brauchst um den AF richtig einsetzen zu können? Je komplexer der Bildinhalt, desto genauer musst Du der Kamera vorgeben welchen Bereich sie bitte zur Scharfstellung betrachten soll. Und wenn es gar zu schlimm wird, dann hilft auch manchmal nur noch AF aus, und per Hand scharfstellen....

Ich pers. arbeite fast ausschließlich mit PinPoint oder Einfeld-AF. Bei meinem Lieblings-Objektiv sogar immer Manuell (kann kein AF)

Ich konnte Dir eigentlich leider nicht wirklich weiter helfen.
Aber ich denke, dass Dir die echte Beantwortung der Fragen eigentlich auch keinen Mehrwert in der Benutzung des AF-Systems
gegeben hätte. Du konntest schon vor meiner Antwort die Schwächen ausmachen und um sie herum arbeiten.
Das machen (glaub ich) alle Anderen auch genau so .....

In diesem Sinne, alles ist gut ;)


Grüße
Gonzo

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