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von Dietmar » Dienstag 29. November 2011, 19:35
Hallo zusammen,
mit Interesse verfolge ich die bisherige Diskussion. Vielleicht kann ich doch etwas zur Klärung des Phänomens der "Farbigen Schatten" beitragen, obwohl es in der oben zitierten Arbeit von Kallmann sehr ausführlich beschrieben und diskutiert wird. Darin werden auch Untersuchungen an protanopen und deuteranopen dichromatischen Versuchspersonen durchgeführt.
Im oben beschriebenen Versuchsaufbau wird durch eine rote Lichtquelle auf einem weißen Schirm in einer roten Umgebung ein Schatten erzeugt. Von einfallendem Streulicht abgesehen, hat dieser Schatten keine Farbe. Nach objektiver, physikalischer Betrachtungsweise ist dies auch nicht möglich, da weder Photonen oder elektromagnetische Wellen (je nach Modellvorstellung) den Schattenbereich erreichen können. In diesem makroskopischen Aufbau spielt der quantenmechanische Tunnel-Effekt keine Rolle.
Interessant ist die Bemerkung von Jens, dem Schatten die Eigenschaft "Nicht-Rot" zuzuschreiben. Diese Information ist nicht und das ist kein "Unfug", wie oben physikalisch begründet, im Schattenbild auf dem Schirm "gespeichet", sondern - und jetzt kommt der Knackpunkt - im Gehirn des menschlichen Beobachters. Er nimmt die rote Umgebung wahr und das Gehirn speichert diese Information über die KLM-Zapfen des Auges und Nervenbahnen mit Querverzeigungen.
Wird der Schatten nun mit weißem Licht, das die Komponenten Rot, Grün und Blau enthält, beleuchtet, dann führt das Gehirn die Operation "minus Rot" durch und es bleiben die Komponenten Grün und Blau übrig, die additiv gemischt als Cyan (Türkis) empfunden werden. Cyan (und nicht Grün) ist die Komplementärfarbe zu Rot, da beide wieder additiv gemischt Weiß ergeben (Definition der Komplentärfarbe).
Diese komplizierten Vorgänge gehören nicht mehr in den Bereich der Physik, sondern als physiologischer Ansatz zur Wahrnehmungspsychologie. Hier wird dieses Phänomen unter dem übergeordneten Stichwort "Simultankontrast" untersucht und beschrieben. Das Phänomen gehört zu den optischen Täuschungen.
Man kann dieses Experiment erweitern, indem zur Beleuchtung des Schattens statt der weißen Lichtquelle eine Lichtquelle mit gelbem Licht verwendet wird. Gelb besteht aus den Komponenten Rot und Grün. Nimmt das Gehirn nun das gespeichert "Nicht Rot" weg, dann verbleibt Grün. Diese Wahrnehmung konnte ich durch ein Experiment bestätigen.
Bleibt nun noch die Frage offen: Wieso kann man dieses Phänomen fotografisch festhalten?
Die Lösung scheint im automatischen Weißabgleich der Kamera zu liegen, der nun die Funktion "minus Rot" des Gehirns übernimmt. Und damit habe ich wieder den Bezug zu diesem Foto-Forum hergestellt.
Gruß Dietmar
Zuletzt geändert von
Dietmar am Mittwoch 30. November 2011, 00:06, insgesamt 2-mal geändert.
Kann zwar fotografieren, aber die schöneren Bilder machen die anderen!
TZ8, IrfanView und das mit Begeisterung!