Ich komme noch einmal zurück auf Lennos Grundanliegen, an dem sich die Diskussion hier schließlich entbrannt hat.
Dito. Es gibt nur einen Grund, weshalb bei Kompaktkameras immer nur das KB-Äquivalent der Brennweite genannt und angepriesen wird: Der Kunde soll genasführt werden und der „Boah, 600mm mit durchgehender Blende 2.8“-Effekt soll ihm das Hirn vernebeln.Lenno hat geschrieben:Ich möchte auch nur darauf hinweisen, dass wenn eine Umrechnung ins KB-Äquivalent stattfindet, das man Blende und ISO nicht einfach weglassen kann.
So wie das eben viele Kamerahersteller tun, nämlich das Weglassen der Blendenangabe im KB-Äquivalent und das ist eine Irreführung des Kunden.
Dass sich der Begriff Crop-Faktor gegen den korrekten Begriff Formatfaktor durchgesetzt hat, zeigt schon, dass die tatsächlichen Zusammenhänge nie wirklich durchgesickert sind.
Das Umrechnen auf KB-Äquivalent macht ungefähr den gleichen Sinn, wie das Umrechnen von Hundejahren in Menschenjahre. Will man allerdings auf den gleichen Level der Sinnhaftigkeit in Bezug auf die ISO-Umrechnerei kommen, dann muss man auch noch Hamsterjahre in Hundejahre umrechnen und diese als Bezugs-Umrechnungsfaktor zur Alters-Äquivalentberechnung beim Meerschweinchen einsetzt.
Wenn aber eine Größe aus dem Dreieck Brennweite – Blende – ISO ins KB-Äquivalent umgerechnet wird, müssen die anderen beiden auch umgerechnet werden. Da bleibt einem gar nichts anderes übrig, auch wenn das Ergebnis beim ISO-Wert nur der Validität von einem Pi x Daumen entspricht.
Will man über diese Rechnung aber auch noch ein Rausch-Äquivalent ermitteln, macht die Hunde-Hamster-Menschen-Jahre-Umrechnung im Vergleich dazu mehr Sinn.
Was bei aller ISO-Diskussion nie berücksichtigt wird: Der ISO-Wert ist die Angabe der Lichtempfindlichkeit von fotografischen Platten und Filmen. Er ist originär weder ein dehnbarer Begriff noch einer mathematischen Formel nur bedingt zugänglich, denn er ist eine definierte Größe.
Unter genormten Bedingungen wird dem Film ein transparenter Graukeil aufbelichtet, bei dem die optische Dichte der Streifen von komplett lichtdurchlässig in 0,1er Schritten bis komplett lichtundurchlässig (= Grundschleier) zunimmt. Die Menge Normlicht, die eine Schwärzung des Streifens über dem Grundschleier bewirkt, bestimmt die Filmempfindlichkeit. Entsprechend muss auch die jeweilige Entwicklung genormt und standardisiert sein.
Die Eigenschaften der lichtempfindlichen Kristalle einer Filmemulsion (die eigentlich eine Suspension ist), insbesondere deren Größe, sind ausschlaggebend für den ISO-Wert. Dass Filme unterschiedlicher Hersteller unterschiedliche Eigenschaften haben, wissen ambitionierte Fotoleute zu schätzen. Dass hier die ISO-Angabe gefühlt schwanken kann liegt daran, dass sie zum einem für die Normlichtquelle gilt und zum anderen die Art der Filmentwicklung von entscheidender Bedeutung ist. Abweichungen von der Standardentwicklung führen zu Änderungen der Gradationskurve. Bei Überentwicklung wird sie steiler, bei Unterentwicklung flacher.
ISO bezieht sich nur auf chemische Vorgänge, nämlich die Abläufe der Komplexchemie und Redoxreaktionen bei Belichtung der Filmemulsion und bei der Entwicklung sowie auf die Kennlinie der Gradationskurve des Filmes. Punkt!
Die Weiterführung des Begriffs ISO zur Kenntlichmachung der Lichtempfindlichkeit eines Sensors, also eines Halbleiters mit linearen Kennlinien, ist somit Unsinn. Die Übertragung von ISO-Kenngrößen eines Filmes auf einen Sensor entspricht dem Vergleich einer Kochmaschine mit einem Mikrowellenherd.
Dass man sich von dem Begriff ISO nicht trennen mag, weil er eine weltumspannende, eingebrannte Kennziffer ist, kann man ja noch verstehen. Dann aber sollte man sich auf die eigentliche Bedeutung zurückbesinnen und auf eine ebenso weltumspannende Normierung einigen, damit wenigstens die ISO-Angaben von Kameras mit gleicher Sensorgröße vergleichbar sind. Dass dem nicht so ist liegt daran, dass es den Herstellern überlassen ist, welches Bezugssystem sie ihrer ISO-Angabe zugrunde legen und in welchem Maße sie die ISO-Leistung schönen.
ISO-Werte verschieden großer Sensoren via Crop-Faktor ineinander umzurechnen, kann der Abschätzung dienen, ist aber durch eine physikalische Gesetzmäßigkeit, die so eine simple Schlussrechnung erlaubt, nicht begründet.
In der Diskussion (nicht nur) hier im Thread wird den Irrungen und Wirrungen um die ISO-Größe die Krone aufgesetzt, indem sie mir nichts dir nichts zum Synonym für Rauschen und vice versa wird. Dabei ist allen bekannt, dass ein Sensor rauscht, sobald Strom fließt und es mehr Faktoren als nur den ISO-Wert und die damit verbundene Signalverstärkung gibt, die das Rauschen bedingen. Hier ein lineares Gleichungssystem zwischen Crop-Faktor, ISO und Rauschen zu konstatieren, geht an physikalischen Zusammenhängen vorbei und eine Umrechnung von Rauschgraden in Hamsterjahre wäre ähnlich sinnvoll.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die von Tony Northrup im Video zum Crop-Faktor dargestellte Formel zur Berechnung vom Signal-Rausch-Verhältnis SNR Mumpitz ist. Das SNR ist ganz einfach der Quotient aus der mittleren Signalleistung (P Signal) und der mittleren Rauschleistung (P Rauschen) und P steht nicht für Photonen, sondern für Power wie Leistung.
Was Northrup in dem Video zeigt, ist die Formel, mit der die Steigerung des SNR ermittelt wird, die sich durch die Mittelung von Bilddaten ergibt. Die Mittelung ist bekanntlich eines der Verfahren zur Rauschunterdrückung. Und dabei geht es nicht um die Menge von Photonen, sondern um die Anzahl n der Sendungswiederholungen der Bildinformationen. Bei dieser Art der Rauschunterdrückung steigert sich das SNR um den Wert n/√n
Sensoren unterscheiden sich hinsichtlich ihres Rauschverhaltens und das sind keine feststehenden Werte. Die Sensortechnik verbessert sich fortwährend, ganz neue Technologien werden dazukommen und eines Tages wird Rauschen kaum noch ein Thema sein.
ISO hingegen ist ein wichtiger Parameter in der Fotografie und sollte nicht der Beliebigkeit anheimgestellt werden. Das ist aber bereits passiert und es ertönt nirgendwo in Welt der Fotografie der Ruf nach einer an die neuen Technologien angepassten ISO-Standardisierung.
Stattdessen wird über Äquivalentberechnungen schwadroniert und nebenbei festgestellt, dass der Begriff ISO dehnbar ist. Würden die Federführer der Fachpresse und all die Spezialisten, die Webseiten und Videos mit Fachbeiträgen füllen, diese ISO-Wurstelei lautstark thematisieren (einige wenige listen sie wenigsten auf), beanstanden und eine Rückkehr zu einer Norm fordern und deren Einhaltung zu einem Qualitätskriterium ernennen, würde sich bei den Herstellern schon etwas rühren.
So aber bleibt einem nichts anderes übrig, als für jede Kamera, die man in den Händen hält, herauszufinden, wie sie ISO- und rauschmäßig tickt.
Anstatt Äquivalente zu berechnen und Vergleichsbetrachtungen anzustellen, sollte man seine Zeit dafür nutzen, die tatsächlichen Eigenschaften seiner Kamera und der Objektive zu studieren und fotografieren zu gehen.
IMHO nähern sich Lenno und Horst einem komplexen Thema von zwei verschiedenen, erlaubten Seiten und haben beide aus ihrem jeweiligen Betrachtungswinkel mit ihren Argumentationssträngen Recht. Die Verwendung der KB-Äquivalente als Faustformeln zur Abschätzung, mit welchen Einstellungen man vergleichbare Bilder bei unterschiedlichen Sensorgrößen erhält, hat, wie Lenno darlegt, ihre Berechtigung und findet in der Praxis ja auch ihre Entsprechungen. Bei ISO und bei der Abschätzung des Rauschpegels fehlen den Umrechnungen, wie Horst ausführt, aber fraglos die physikalischen Grundlagen.