
F 4,5, 1/125sec, Iso 800
Bei einem „Mitzieher" wird ein sich bewegendes Motiv bei einer Aufnahme mit einer Kamera in der gleichen Bewegungsrichtung "mitgezogen". Dabei wird im Optimalfall das Motiv scharf abgebildet, während eine charakteristische Hintergrundstruktur an Unschärfe entsteht, die in Bewegungsrichtung verschwommen bzw. verwischt wirkt.

F 13, 1/30sec, Iso 200
Dabei hebt sich das Hauptmotiv von der Unschärfe des Hintergrundes deutlich ab und ist eine spannende Möglichkeit, Bewegung und Geschwindigkeit in einem Foto zu betonen.
Als erster Anhaltspunkt gilt für die Belichtungszeit die Faustregel aus der analogen Zeit, wobei die Belichtungszeit den Kehrwert der zu fotografierende Geschwindigkeit beträgt. „Mitzieher“ eines fahrenden Autos mit 50km könnte mit einer Belichtung von 1/50sec fotografiert werden.
Auto
F 13, 1/60sec, Iso 200,
Autos sind super geeignet, um sich mit der Technik des Mitziehens vertraut zu machen.
Diese Belichtungszeit wird mit Hilfe der "Zeitvorwahl"(auch Blendenautomatik genannt) eingestellt und die Kamera ergänzt die korrekte Belichtung mit der passenden Blende bei eingestellter bzw. automatischer ISO Einstellung.
Der Autofokus sollte auf „AF-C" stehen, die Autofokusart auf ein Feld mittig gestellt und die Serienbildfunktion benutzt werden. Wer sich an seiner Kamera mit der „Fokus Tracking Funktion" auskennt (und geübt hat), kann auch diese Funktion einsetzen. Ebenso sollte der Bildstabilisator ausgeschaltet sein.
Sanftes Ziehen der Kamera, immer schneller werdend und genau auf das Motiv zielend, sowie die Kamera in genau der gleichen Geschwindigkeit "mitzubewegen" ist die Aufgabe.
Motorrad
F 20, 1/30sec, Iso 200,
Das herankommende Objekt sollte man schon früh im Blick haben und mit halb gedrückter Auslösetaste ständig scharf halten und versuchen, das Motiv immer an der gleichen Stelle im Display bzw. Sucher zu halten. Dann im gewünschten Moment auslösen oder mit der Serienfunktion vom Beginn der Bewegung bis zu Ihrem Ende aufzunehmen.
Skater
F16, 1/60sec, Iso 200
Wichtig ist auch, die Bewegung der Kamera komplett bis zur anderen Seite "durchzuziehen".
Sportwagenfan
F14, 1/40sec, Iso 200,
An dieser Stelle wird in den meisten Veröffentlichungen einfach ein weiteres Experimentieren empfohlen, aber es gibt noch weitere wichtige Faktoren, die Beachtung finden sollten.
Neben der Geschwindigkeit des Motivs spielt vor allem der Abstand zum Motiv und vom Motiv zum Hintergrund eine entscheidende Rolle.
Die damit verbundenen erforderliche "Mitziehgeschwindigkeit" der Kamera ist entscheidend für eine passende Belichtungszeit.
Der Abstand legt auch die Wahl der Brennweite fest und in Verbindung mit der Blende (als drittes Element) auch den Bereich der möglichen Schärfentiefe.

F 4, 1/320sec, Iso 200,
Dies bedeutet schließlich, dass, je näher man zum Motiv steht, desto schneller wird die erforderliche Mitziehgeschwindigkeit sein und dadurch auch eine schnellere Belichtungszeit möglich werden. Diese kann durchaus, wenn sie richtig gewählt und die Beleuchtungsumstände es zulassen, eine Bewegung einfrieren und trotzdem den charakteristischen Hintergrund darstellen.

F 8, 1/200, Iso 200,
Je schärfer sich das Motiv vor einem verwischten Hintergrund abhebt, desto besser ist das Ergebnis.

Mountainbiker by Bodo Hoffmann, auf Flickr
F 7.1, 1/60sec, Iso 200
Wählt man eine längere Belichtungszeit, desto verschwommener wird der Hintergrund, aber auch umso schwieriger wird es scharfe Ergebnisse zu erzielen.

F 4.5, 1/20sec, Iso 200,
Für mich ist 1/20sec die unterste Grenze. In diesem Belichtungsbereich muss man haargenau die genaue Mitziehgeschwindigkeit "über die längere Zeit" konstant im Fokus treffen. Die Unschärfe der 1/20sec "aus der Hand" ist die Schwierigkeit.
Ist das Motiv langsam unterwegs, benötigt die Aufnahme jedoch zwingend diese längere Verschlusszeit, um den gewünschten Hintergrundeffekt noch zu erzielen.

F 22, 1/40sec, Iso 200,
Je schneller das Motiv ist, desto kürzer kann die Belichtungszeit sein. Ist sie aber zu kurz, verschwimmt der Hintergrund u.U. zu wenig.
Befindet sich die Kamera vom Motiv weiter entfernt, wird u.U. eine längere Belichtungszeit für den verwischenden „Mitzieh-Effekt“ nötig sein. Zur geringer werdenden Mitziehgeschwindigkeit kommen auch Probleme mit der Schärfentiefenebene beim Einsatz längerer Brennweiten hinzu.
Langsames Mitziehen ist oft schwieriger als eine schnelle Mitziehbewegung der Kamera.
"Mitzieher" sind auch für ungünstige Lichtverhältnisse, wie z.B. in einer Sporthalle, eine gute Möglichkeit, Bewegungen noch einzufangen.

Futsal - Zweikampf2 by Bodo Hoffmann, auf Flickr
F 4, 1/100sec, Iso 400
Die Motive der "Mitzieher" können sehr vielfältig sein. So hat man z. B. bei Läufern nicht nur die Vorwärtsbewegung, sondern auch die verschiedenen Bewegungsrichtungen der Beine und Arme. Dazu kommen die unterschiedlichen Geschwindigkeiten in einer Laufgruppe zu kämpfen.
Wichtig bei solchen Aufnahmen ist es zu versuchen, zumindest das Gesicht scharf zu bekommen.

Sommerbiathlon - Die schnellsten der Welt laufen by Bodo Hoffmann, auf Flickr
F 20, 1/30sec, Iso 200
Der allerwichtigste Aspekt bei „Mitzieher“-Fotos ist, dass eine große Portion Glück dazu gehört. Nur ein Teil der Versuche wird am Ende den gewünschten Erfolg bringen, was normal ist.
Hier noch einmal eine Übersicht der Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen:
Belichtungszeit
> Geschwindigkeit des Motivs
> Standort
> Schärfe des Motivs
> Stärke der Unschärfe des Hintergrundes
> Mitziehgeschwindigkeit
Abstand zum Motiv
> Mitziehgeschwindigkeit
> Geschwindigkeit des Motivs
> Stärke der Unschärfe des Hintergrundes
> Brennweite
> Schärfentiefe
Blende
> Schärfentiefe
> Belichtung
Brennweite
> Standort